Sonntag, 30. Juni 2013

gönn dir ... nichts ;)

Was geschieht mit mir in Gottes Gegenwart? 

In der Bibel gibt es Berichte von Menschen, die versucht haben, in Bildern zu beschreiben, wie es ist, Gott zu begegnen, zu merken, dass sie JETZT und HIER mit Gott am selben Orte sind, mit ihm dieselbe Luft atmen und so wie er den Geruch des Altares in sich aufsaugen. 


Jesaja schreibt vom Thronsaal und Hofstaat Gottes im Tempel, von der Berührung seiner Lippen mit einer glühenden Kohle durch einen mächtigen Engel. Und Jesaja erlebt symbolisch schmerzhaft, was mit mir in Gottes Gegenwart geschieht: Sie entkleidet mich. Sie macht mich nackt - nicht nur bis auf die Haut, nicht nur bis in Mark und Bein, sondern bis hinein in den letzten Winkel meiner Seele. Sie deckt auf, was mich zusammenhält.

Jesajas Lippen werden berührt und er schreit: "Wehe mir! Ich vergehe!" Jesaja war Prophet. Ein Redner. Ohne seine Lippen ist er nichts. Mit seinen Lippen dient er Gott. Und doch spürt er in diesem Moment: Nicht meine Lippen sind es, die mir Bedeutung verleihen. Im Gegenteil.

Gerade da, wo meine größte Stärke liegt, verbirgt sich auch diese Idee: 
Dies verleiht meinem Leben Bedeutung! Weil ich dieses oder jenes gut kann, bin ich etwas wert! Weil ich dieses oder jene Grundprinzip zur Grundfeste meines Lebens gemacht habe, bin ich die Gesellschaft der Menschen und Gottes in meinem Leben wert. - Aber auch nur deswegen!

Was sind meine Lippen? Was würde die glühende Kohle bei mir berühren, wenn ich mich in Gottes Gegenwart traute? Was ist der Klebstoff meines Selbst-Bildes? 

Wenn alles ins Wanken gerät, dann habe ich wenigstens noch ...

... meine Moral.
... meine Gesundheit.
... mein selbstbewusstes Auftreten.
... meine schöne Stimme.
... meine schlanke Taille.
... meine Charisma.
... meine Gerechtigkeit. 
... meine Rechtschaffenheit.
... mein Engagement.
... meinen Gemeinschaftssinn.
... meine/n Frau/Mann.
... meine Kinder.
... meine Familie.
... meine Männlichkeit.
... meine Fürsorge.
... meine Leidenschaft. 
... meine Liebe.
... meine Dienstbeflissenheit.
... meine Zuverlässigkeit.
... meine Verbindlichkeit. 
... meinen Glauben.
...

Ja, es sind ausgerechnet Deine Tugenden und Talente, die schönen und guten Dinge Deines Lebens, die Du in der Brieftasche Deiner Seele immer bei Dir trägst und - die auch genau das bleiben! Aber gerade sie geben uns das Gefühl von "So-bin-ich-richtig". Und genau davon finden wir uns in Gottes heiliger Gegenwart befreit. Du wirst vermutlich und sollst auch nicht aufhören, die/der zu sein, der Du bist und den Idealen zu folgen, die Dir wichtig sind. Aber wenn Du vor Gott stehst und merkst: "Ich bin ein Nichts, ein Niemand!" dann ist das gut so! - Nicht weil Gott uns am liebsten niedergeschlagen am Boden sieht und nochmal nachtritt (so wie uns das Kirche so gern und nachdrücklich vermittelt hat), sondern weil ein Niemand nicht nach der Hierarchie der himmlischen Tischordnung fragt, weil er glaubt, er habe sich selbst durch irgendetwas einen höheren Wert als andere verschafft. 

Ich darf spüren, was es heißt, mir von Gott mein Selbst füllen zu lassen. Das verleiht meinem und dem Leben aller Menschen Bedeutung - heute und immer. Amen.

Danke, für die inspierende Predigt von Daniel Bartz vom Hamburgprojekt, deren Inhalte ich hier nur mit eigenen Worten wiedergegeben habe. 

Demnächst als Audiodatei hier herunterzuladen.

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