Die Menschen sind
verletzt, wenn Du sie übersiehst. Und genauso verletzt zeigen sie
sich, wenn Du es wagst, zu tief in ihr Leben zu blicken. Vielleicht
ist es das gleiche Phänomen, wie wenn Du in der S-Bahn eine Mutter
mit ihrem behinderten Kind siehst. Und Du selbst weißt nicht, was
richtig ist: hinschauen, lächeln? - Oder gerade das nicht? Die
Mutter wird vermutlich beim Einem wie beim Anderen sich durch Dein
Verhalten verletzt fühlen. Dein Lächeln wird als Mitleid
aufgefasst. Dein Nicht-Hinschauen als Ignoranz. Wie Du´s machst, Du
kannst es nicht richig machen, wenn Dein Gegenüber nicht offen ist
für die Möglichkeit, dass Freundlichkeit sich dahinter verbirgt.
Und was ist die
Konsequenz? - Schau lieber weg! Lächele nicht! Grüß keinen
Fremden! Misch Dich nicht ein! Hilf dem hingefallenen Kind nicht auf!
Oder willst Du etwa, dass man Dich für einen mitleidheischenden,
naiven Misanthropen hält, der keine Privatsphäre kennt und auf
kleine Kinder steht? - Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber ja,
MIR ist es lieber, für all das gehalten zu werden, aber dafür genau
die Dinge zu tun: hinsehen, lächeln, Fremde grüßen und kennen lernen, mich
einmischen und helfen. Denn ich für meinen Teil will in einer Welt
leben, in der Menschen genau diese Dinge tun.